Liebe im Kapitalismus - Bini Adamczak
Liebe im Kapitalismus
Ware und Liebe sind Beziehungen, Beziehungsweisen, die zudem in inniger Beziehung zueinander stehen. In beiden maskiert sich eine gesellschaftliche Beziehung von öffentlichem Interesse als bloßes Privatverhältnis, als zweigliedriger Austausch von Dingen und Geld, von Obszönitäten und Zärtlichkeiten - oder beidem zugleich. Als Austausch, jedenfalls, von Arbeit - Waren produzierender oder Arbeitskraft reproduzierender Arbeit; Lohnarbeit oder Liebesarbeit. In beiden Beziehungsweisen manifestiert sich eine erstaunliche Symbiose von Singularität und Universalität, privatester Privatheit und öffentlichster Öffentlichkeit. Die Ware beansprucht - trotz aller Serialität - als gebrauchswertiger Körper immer ein konkretes Bedürfnis zu befriedigen und trägt zugleich einen Preis, als Zeichen ihrer allgemeinen Austauschbarkeit. Die Liebe, ganz ähnlich, behauptet, jedes Mal unverwechselbar und einzigartig zu sein und dudelt doch täglich unentrinnbar in Radio, TV wie Kino. Zu lieben (romantisch) soll ebenso Merkmal einer allgemeinen Anthropologie sein wie zu tauschen (äquivalent) oder zu kacken (individuell). Gerade in der Vereinzelung soll die Allgemeinheit bestehen. Doch der private Handel verbirgt die öffentliche Aushandlung.
Referentinnen-Info:
Bini Adamczak hat in Frankfurt am Main studiert und lebt in Berlin. Bini Adamczak hat u.a. Kommunismus. Kleine Geschichte, wie endlich alles anders wird (2004), Gestern Morgen. Über die Einsamkeit kommunistischer Gespenster und die Rekonstruktion der Zukunft (2007) verfasst sowie den Aufsatz zur Theorie der polysexuellen Ökonomie. Außerdem gibt Bini Adamczak die Buchreihe Kitchen Politics – Queerfeministische Interventionen mit heraus.