Anika Schmütz 26. September 2017 - 9:20
Ein Lehrender, der an der Technischen Universität Darmstadt Biologiedidaktik-Seminare für Lehramt-, Körperpflege- und Biologiestudierende anbot, unterrichtete seit Jahren mehr als zweifelhafte Inhalte. Homosexuelle Menschen seien „krank“ oder „behindert“. Solche Aussagen ließ der Hochschullehrer immer wieder in seinen Veranstaltungen fallen. Neben regelmäßigen trans- und homophoben sowie sexistischen Aussagen propagierte er die Existenz von Menschenrassen und empfahl, abgesehen von Schul- und Didaktikbüchern, als Lektüre auch einschlägige NS-Literatur wie „Die kleine Rassenkunde des deutschen Volkes“.
„Neger, das darf man ja so jetzt leider nicht mehr sagen...“ - Diese und viele weitere Zitate aus Protokollen von Studierenden, die bei dem Lehrstuhlinhaber Seminare belegen mussten, sind schlichtweg erschreckend. Neben rassistischen Ausfällen finden sich in den Protokollen der Studierenden auch immer wieder Denunziationen von Homo- und Transsexuellen, die für ihn keine gleichwertigen Menschen seien und denen nicht die gleichen Rechte zugestanden werden sollten wie Heterosexuellen. Auch scheint er etwas gegen studierende Frauen zu haben und griff seine Studentinnen regelmäßig persönlich an. Er soll ihnen prophezeit haben, als studierte Frauen niemals Männer zu finden und sie aufgefordert haben, sich um ihre "Mutterinstinkte" statt um ihr Studium zu kümmern. Wer sich in seinen Seminaren trotzdem traute, neuere biologische und sozialwissenschaftliche Erkenntnisse zum Thema Sexualität und Gender einzubringen, wurde mit schlechten Noten oder drohendem Nicht-Bestehen der Veranstaltung sanktioniert. Der Lehrende erklärte Gender-Forschung für unsinnig und forderte Referate zu "Genderismus". Der selben Ideologie haben sich auch AfD und die "Demo für Alle", mit der der Hochschullehrer offen sympathisiert, verschrieben. Als pseudowissenschaftliche Quelle empfahl er unter anderem "wikiMANNIA", eine unseriöse frauenfeindliche und LGBTIQ-feindliche Hetzseite.
Mit seinen Aussagen in Lehrveranstaltungen scheint er jedoch nicht allein dazustehen. Erst kürzlich gelangten Aussagen des Kasseler Biologie-Professors Ulrich Kutschera an die Ojffentlichkeit, der die Ehe für alle als „staatlich geförderte Pädophilie“ bezeichnete. Bereits vor zwei Jahren erreichte Kutschera durch Kritik an der sogenannten „Gender-Ideologie“ mediale Aufmerksamkeit und veröffentlichte ein Buch, in dem er mit pseudowissenschaftlichen Argumenten versucht, die von ihm befürchtete „Genderisierung der Biologie“ aufzuhalten. Gerade erst meldete Kutschera sich erneut zu Wort und postulierte, homosexuelle Verbindungen seien „biologisch sinnloses Paarungsverhalten“. Während die Universität Kassel im Fall Kutschera weiter untätig bleibt, hat die TU Darmstadt jedoch mittlerweile reagiert und dem Hochschullehrer die Lehrerlaubnis entzogen.
Nachdem die Aussagen von Studierenden über die Zustände in seinen Seminaren an den AStA der TU Darmstadt herangetragen wurden, setzten sich die Referentinnen Maike Arnold und Adriana Lanza konsequent dafür ein, eine solche diskriminierende Lehre an der TU Darmstadt zu unterbinden. Auf Drängen des AStAs darf der Lehrende ab dem kommenden Wintersemester keine Veranstaltungen mehr anbieten. „Mit dem Entzug der Lehrerlaubnis setzt die TU Darmstadt ein klares Signal. Solche regressiven und diskriminierenden Inhalte dürfen nicht an einer Universität gelehrt werden.“, sagt Adriana Lanza, politische Bildungsreferentin des AStAs. „Gerade die Lehramtsausbildung birgt die besondere Gefahr, dass die zukünftigen Lehrkräfte die in den Seminaren getätigten Aussagen unkritisch rezitieren und an ihre Schüler*innen weitergeben“ ergänzt Maike Arnold, ebenfalls Referentin des AStAs und Lehramtsstudierende an der TU Darmstadt. "Statt die angehenden Lehrer*innen auf ihre anspruchsvollen Aufgaben in der Schule vorzubereiten, empfahl er ihnen etwa, die neuen Lehrpläne zur Sexualerziehung zu boykottieren. Das ist in unseren Augen untragbar." Der AStA der TU Darmstadt ist froh über die zeitnahe Maßnahme der Universität, den Hochschullehrer von seinem Lehrauftrag zu entbinden. Statt wie im Fall Kutschera einfach wegzuschauen, hat die TU Darmstadt damit ein eindeutiges Zeichen gegen diskriminierende Lehre gesetzt. Adriana Lanza meint abschließend: „Ich hoffe, dass dieser Fall auch Studierende an anderen Universitäten ermutigt, sich gegen jegliche Form der Diskriminierung – ob nun von Lehrenden oder anderen Personen ausgehend - zu wehren“.