wende 2. Dezember 2013 - 12:29
Gerade im Bereich der Studienfinanzierung verfehlt die Einigung die im Wahlkampf genannten Ziele aller Parteien. Weitere Defizite sehen die Studierendenvertreter_innen im Bereich der Gesellschaftspolitik.
Sowohl SPD als auch CDU hatten vor der Wahl Reformen beim BAföG versprochen. Davon findet sich im nun veröffentlichten Koalitionsvertrag jedoch nichts. Die amtierende Bildungsministerin Wanka (CDU) kündigt zwar eine Reform des BAföG an, doch stellt sich die Frage warum es nicht im Koalitionsvertrag aufgenommen wurden, wenn sich die Koalitionäre bei der Erhöhung einig sind.
Anstatt eine längst überfällige Erhöhung der BAföG-Sätze vertraglich festzuhalten, wollen Union und SPD lieber mit dem hoch selektiven Deutschlandstipendium nur einem Bruchteil der Studierenden Förderung zukommen lassen.
„Progressive Politik sieht anders aus. Dass jetzt schon minimale Verbesserungen nicht mehr vereinbart werden, zeigt, dass wir uns auf 4 Jahre Stillstand in der Hochschulpolitik vorbereiten können“, sagt David Kreitschmann vom AStA der TU Darmstadt.
Im Bereich der Hochschulfinanzierung ist auch nicht viel übrig geblieben. Statt die Fehlentscheidung Kooperationsverbot endlich zu kippen, wird das Problem verlagert. Der Bund finanziert die außeruniversitäre Forschung und hofft, dass die Länder ihr Engagement für die Hochschulen stärkt. Auf dieser Basis gibt es keine dringend benötigte stabile Grundfinanzierung für die Hochschulen und eine weitere Spaltung des Wissenschaftssystems.
Auch in anderen Politikfeldern verspricht der Koalitionsvertrag nichts gutes. Eine echte Gleichstellung von homosexuellen Paaren wird trotz der schwammigen Ankündigung, dass „gleichgeschlechtliche Partnerschaften [...] Respekt und Anerkennung erfahren“ sollen, nicht erreicht. Die Parteien konnten sich lediglich darauf einigen, die Urteile des Bundesverfassungsgerichtes zur Sukzessivadoption durchzusetzen. „Es ist nicht hinnehmbar, dass auch weiterhin moderne Gesellschaftspolitik nur auf Urteile des Bundesverfassungsgerichts zurückzuführen sein wird. Respekt und Anerkennung sehen anders aus – die SPD ist bei den Bürgerrechten vor der Union genauso eingeknickt wie die FDP“, sagt Jan Büssers, Queer Referent im AStA TU Darmstadt.
Im Bezug auf Migration und Integration scheinen sich xenophoben Hardliner durchgesetzt zu haben. Die als großer Erfolg verkaufte Rückbesinnung zur doppelten Staatsbürgerschaft entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als Mogelpackung. Nur in Deutschland geborene Jugendliche müssen fürderhin nicht mehr zwischen den Pässen wählen.
An den EU-Außengrenzen soll weiterhin auf Abschreckung gesetzt werden. Zwar soll es fundamentale Verbesserung für Asylsuchende im Hinblick auf Arbeitserlaubnis und Verfahrensdauer geben, doch die Unterbringung in Lagern und das Sachleistungsprinzip werden nicht angetastet.
„Dass nunmehr Bosnien-Herzegowina, Serbien und Mazedonien als sichere Drittstaaten gelten sollen, mutet wie ein schlechter Scherz an“, empört sich Franziska Wende, Referentin für Hochschulpolitik des AStA der TU Darmstadt. „Der Großteil der Schutzsuchenden aus dieser Region sind Sinti und Roma, die immer noch Opfer massiver rassistischer Diskriminierung werden. Diese Festlegung steht in keinem Verhältnis zur Realität“, so Wende abschließend.
Für den AStA der TU Darmstadt steht fest: die angeblich sozialdemokratische Handschrift des Koalitionsvertrages ist eine schlechte Fälschung.
Wir hoffen, dass die Mitglieder dem Koalitionsvertrag nicht zustimmen werden.