Admin 14. Februar 2007 - 16:14
Während in der Stadthalle Koch und Bouffier die Polizeiarbeit des vergangenen Jahres und die eigenen „Leistungen“ feiern wollten, demonstrierten ca. 300 Polizeibeamte vor der Stadthalle unter dem Motto „Wir haben keine Lust auf Schnittchen und Sekt“ gegen die Politik von Roland Koch und Volker Bouffier. Der Chef der Polizeigewerkschaft Jörg Bruchmüller: eklärte gegenüber dem HR "42 Stunden Knochenarbeit im Schichtdienst geht nicht!" Zudem seien in den letzten drei Jahren 1000 Stellen abgebaut und gleichzeitig zwei Millionen Überstunden angehäuft worden. Die Überstunden sind wohl im Zusammenhang mit der Fußball WM und den anhaltenden, ständigen Protesten gegen die Studiengebühren zu sehen: „Bei unserer Personalknappheit ist es schon ein starkes Stück, nach meiner Auffassung auch ein Missbrauch, wenn Polizisten während ihrer Dienstzeit Streifenwagen zu Medienschauplätzen fahren, dort für Wahlkampfzwecke Parade stehen und anschließend die Streifenwagen wieder zurückbringen“.
So forderte die Gewerkschaft der Polizei auch die Studenten auf, sich bei der Demonstration zu beteiligen. Als Folge sah sich Nordhessens Polizeipäsident Wilfried Henning „gezwungen“ die Demonstration von der Polizei überwachen und filmen zu lassen. Nach Angaben der Hessisch-Niedersächsischen Allgemeinen versuchte Henning im Vorfeld sein Kollegen per Mail von der Veranstaltung abzuhalten, und nannte später das Verhalten der Demonstrierenden „beschämend“. Innenminister Bouffier bezeichnete die demonstrierenden Polizeibeamte als „Krawallmacher“.
Jürgen Frömmerich, innenpolitische Sprecher der Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bezeichnete heute das Verhalten Bouffiers als “Unverschämtheit und Entgleisung“: „Das im Grundgesetz verankerte Demonstrationsrecht steht auch Polizeibeamten zu, die sich von dieser Regierung schlecht behandelt fühlen. Es ist erbärmlich, wenn ein Minister demokratischen Protest von Polizeibeamten nicht ertragen kann und die Beamten dann als "Krawallmacher" beschimpft. Der Minister muss sich bei den Polizisten entschuldigen". „Wenn Polizeibeamte von ihrem Grundrecht Gebrauch machen, braucht man sich nicht zu schämen“, so Frömmerich weiter, mit Blick auf die Äußerungen des Polizeipsäsidenten, „Schämen muss man sich dafür, dass Polizeipräsident Henning in der Vergangenheit demonstrierende Beamte in Uniform mit Disziplinarverfahren überzogen hat...Die Landesregierung muss sich daran gewöhnen, dass ihre Veranstaltungen keine Krönungsmessen sind, sondern Protest gegen die Politik dieser Regierung schon erlaubt ist."
Damit bewies die hessische Landesregierung mal wieder, wie sie mit Kritik umgeht: Mit vermeintlicher Kriminalisierung der Betroffenen. Die hessische CDU und deren Studentenorganisation, der RCDS, versuchen schon seit Beginn der Proteste gegen die Einführung allgemeiner Studiengebühren, die friedlichen und kreativen Proteste der Studierenden, durch eine aufgezwungene Pseudodebatte zur „Gewalttätigkeit“ der Studierenden, zu Kriminalisieren. Offensichtlich wird diese „Taktik“ nun auch gegen andere Gruppen angewandt. Auch die Äußerungen des Polizeipräsidenten Henning, zeugen von einem seltsamen demokratischem Grundverständnis in höheren Kreisen der Polizeiverwaltung. Vor diesem Hintergrund erscheinen manche fragwürdigen Polizeieinsätze (zuletzt z.B. am 20.12 bei der Weihnachtsdemo in Darmstadt) weniger als bedauerliche Einzelfälle, sondern anscheinend zeugen sie von einem grundsätzlichen Mangel an Demokratieverständnis innerhalb der Polizei, insbesondere und gerade auf den Führungsetagen.