David Grünewald 20. Juli 2019 - 12:10
Die studentische Vollversammlung und das Studierendenparlament der TU Darmstadt haben am 15. und 16. Juli 2019 die nachfolgende Resolution erarbeitet. Beschlossen am 16. Juli 2019 im Studierendenparlament
1. Solidarisierung mit den Forderungen der „Fridays for Future“-Bewegung
Wir, die Studierenden der TU Darmstadt, solidarisieren uns mit den Forderungen der „Fridays for Future“-Bewegung, d.h. der Einhaltung der Ziele des Pariser Abkommens und des 1,5 °C-Ziels. Für Deutschland bedeutet dies explizit:
- Nettonull bis 2035 erreichen
- Kohleausstieg bis 2030
- 00% erneuerbare Energieversorgung bis 2035
Entscheidend für die Einhaltung des 1,5 °C-Ziels ist, die Treibhausgasemissionen so schnell wie möglich stark zu reduzieren. Deshalb fordern wir bis Ende 2019:
- Das Ende der Subventionen für fossile Energieträger
- ¼ der Kohlekraft abschalten
- Besteuerung der Treibhausgasemissionen (min. 180 € pro Tonne CO2)
Ziel der Treibhausgasemissions-Steuer ist:
- die Förderung von Maßnahmen zur Einhaltung des Pariser Klimaabkommens
- eine Ausschüttung einer CO 2 -Dividende an die Bevölkerung, um einen sozialverträglichen Strukturwandel zu ermöglichen
Wir fordern die TU Darmstadt und sämtliche ihr angegliederten Institutionen auf, sich ebenfalls öffentlich mit den Forderungen der „Fridays for Future“-Bewegung zu solidarisieren und die Studierenden innerhalb der Klimabewegung zu bestärken. Dazu gehört die Ermöglichung der nachteilsfreien Teilnahme an den Freitagsstreiks aller Studierenden sowie Mitarbeitenden der Universität.
2. Anerkennung des Sonderberichtes des IPCC zu 1,5 °C
Wir, die Studierenden der TU Darmstadt, fordern die Stadt Darmstadt und das Land Hessen auf, die Erkenntnisse des IPCC (Intergovermental Panel on Climate Change) Sonderberichts 2018 (SR1.5) innerhalb von 3 Monaten (bis zum 01.11.2019) zur Gänze anzuerkennen und dementsprechend Maßnahmen unter Einbezug aller Sektoren (Energie, Mobilität, Landwirtschaft, Gebäudetechnik…) zu ergreifen. Die Institutionen sollen jährlich Berichte über die Fortschritte zur Reduzierung ihrer Klimabilanz veröffentlichen, beginnend spätestens am 01.01.2020.
3. Klimaneutralität der Universität
Wir, die Studierenden der TU Darmstadt, fordern die TU Darmstadt und sämtliche ihr angegliederte Institutionen auf, schnellstmöglich, aber spätestens bis 2030, Klimaneutralität zu erreichen. Es soll ein verpflichtender Handlungsplan mit konkreten Verantwortlichkeiten partizipativ bis Ende 2019 erstellt werden. Erste Schritte zur Realisierung, wie z.B. Divestment, sind unverzüglich einzuleiten und konsequent umzusetzen. Angestellten der Universität soll für klimaschonendere Dienstreisen mit dem Zug mehr Reisezeit, Freistellung oder Urlaubstage gegenüber Flugreisen gewährt werden. Besonders Flugreisen sollen kompensiert werden. Der Stand der Zielerfüllung soll jährlich überprüft und veröffentlicht werden.
Die TU verpflichtet alle Kooperationspartner (Universitäten, Unternehmen, Drittmittel- und sonstige Geldgeber…) sich an die Klimazielen zu binden und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Bisherigen Partnern, die dies nicht erfüllen, muss nach spätestens zwei Jahren die Zusammenarbeit gekündigt werden.
4. Studierendenwerk und Mensa
Wir fordern das Studierendenwerk Darmstadt auf, in seinen Mensen und Bistros 75% der Hauptgerichte fleischlos anzubieten. 25 % sollen vegan sein. Saisonale, regionale und Bioprodukte sind hierbei zu bevorzugen. Auf günstigere vegetarische/vegane als Fleisch-Gerichte ist (z.B. über Quersubventionierung) hinzuwirken. Alternativen zu Fleisch in Gerichten (z.B. auf Insektenbasis) soll vorgestellt bzw. gefördert werden.
Es soll ein Veggie-Day und jeden Tag mindestens ein veganes Gericht in den Mensen angeboten werden. Zudem sollen in allen Mensen bis Juni 2020 Wasserspender aufgestellt werden. Neben den Schautellern sollen die CO 2 -Äquivalente eines Gerichts nach Vorbild der Kennzeichnung in den „Klimawochen“ gut sichtbar dargestellt werden. Mensen und Bistros sollen plastikfrei werden, z.B. Joghurtbecher aus dem Sortiment nehmen; Brötchen nicht auf Plastikpappschälchen anbieten.
5. Ökologische Ausrichtung der Lehre und Forschung
Wir, die Studierenden der TU Darmstadt, fordern eine gesamt-ökologische Ausrichtung der TU Darmstadt. Die Klimakrise und deren Lösungsmöglichkeit sollen einen essentiellen Aspekt des Studiums in allen Studiengängen der TU Darmstadt darstellen. Dies bedeutet explizit ein auf den Studiengang abgestimmtes verpflichtendes Modul, welches die nachhaltige Entwicklung thematisiert und Lösungsansätze der Fachrichtung aufzeigt, bei der nächsten Akkreditierung, wenn keine Akkreditierung dann spätestens Anfang 2021. Eine Auseinandersetzung mit dem Klimawandel impliziert auch eine Auseinandersetzung mit ökonomisch-sozialen Fragen wie die kapitalistische Leistungsgesellschaft, Beziehungen zu industriell weniger entwickelten Ländern und weiteren unmittelbar mit dem Klimawandel verknüpften Problemfeldern. Daher sollte ein verpflichtendes Angebot von Wahlpflichtmodulen in diesem Themenspektrum existieren und erarbeitet werden. Lehrende sollen schon jetzt das Thema in den Lehrveranstaltungen stärker berücksichtigen als bisher.
Der Aspekt der Nachhaltigkeit soll mit besonderem Gewicht in die Entscheidungen zu
- Besetzungen von Professuren
- Förderung von Drittmittel- & Forschungsprojekten
berücksichtigt werden.
6. Veröffentlichung aller umweltrelevanter Daten
Die TU Darmstadt soll in Kooperation mit dem Studierendenwerk ein Klimamonitoring entwickeln, das alle Treibhausgasemissionen der TU Darmstadt und des Studierendenwerks erfasst. Dazu gehören insbesondere die Emissionen aus Wärmeversorgung, Kühlung, Stromversorgung, Dienstreisen der Universitätsmitarbeitenden sowie Veranstaltungen inkl. Catering aufgeschlüsselt nach Fachbereichen. Anhand dieser Daten soll beraten werden, ob die bisherigen Maßnahmen der TU Darmstadt und des Studierendenwerks zur Erreichung ihrer Klimaziele ausreichen. Darüber hinaus sollen im Klimamonitoring Potentiale für Emissionsminderungen identifiziert werden. Das Klimamonitoring soll aktiv gegenüber der Studierendenschaft, den Mitarbeitenden und der Öffentlichkeit kommuniziert werden. Die Erhebung und Informierung sollen bis spätestens Ende 2019 erfolgen und jährlich aktualisiert werden. Wenn Optionen zur Emissionsminderung identifiziert sind, soll ein Umsetzungsversuch bis zum nächsten Jahr gemacht und dokumentiert werden.
7. Klimakrise als Kernthema des Präsidiums
Wir, die Studierenden der TU Darmstadt, fordern das Präsidium der TU Darmstadt auf, die Klimakrise als Kernthema zu behandeln und die Belange der Klimagerechtigkeit über ökonomische Belange zu stellen. Das neue Präsidium soll spätestens vier Wochen nach Amtseintritt mit der Studierendenschaft der TU Darmstadt in offene Verhandlungen treten. Wir fordern das Präsidium und den AStA auf, innerhalb von 6 Monaten eine Nachhaltigkeitsklausel als Antrag auf Änderung in der Grundordnung der Universität einzureichen und aufzunehmen.