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Gerettet, aber nicht befreit - 3. Tagung "Szenisches Erinnern der Shoah"

Am 8. Mai 2015 wird das Ende des NS-Regimes und des Zweiten Weltkrieges 70 Jahre zurück liegen. Dies wird in der Bundesrepublik offiziell und feierlich begangen werden – als Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus. Doch wer feiert was? War der 8. Mai 1945 für die vielen Deutschen, die Hitler mit seinen völkischen und antisemitischen Ideen begeistert folgten, Befreiung, Kapitulation oder Niederlage? Wie erlebten und erinnern Überlebende der nationalsozialistischen Verfolgungs- und Vernichtungspolitik den 8. Mai 1945?

Antworten auf diese Fragen sind kompliziert, wie Norbert Wollheim, politischer Aktivist und ehemaliger Häftling des Konzentrationslagers Buna-Monowitz, feststellt. In einem Brief vom 26. August 1945 bittet er seinen Freund, den US-amerikanischen Sergeant Hermann E. Simon, um Unterstützung und schreibt dazu: „Wir sind gerettet, aber wir sind nicht befreit“. Wollheim berichtet von den körperlichen und psychischen Folgen, unter denen die Überlebenden der Shoah auch nach 1945 leiden. Die Befreiung durch die Alliierten habe die Überlebenden zwar vor der Ermordung durch die Nationalsozialisten gerettet. Von den tiefgreifenden seelischen Nachwirkungen ihrer traumatischen Verfolgungserfahrung seien sie jedoch nicht befreit worden. Dies ist inzwischen durch eine umfangreiche Forschung zur transgenerationalen Trauma-Tradierung eindrücklich belegt.

Bei den TäterInnen und MitläuferInnen der NS-Verbrechen hingegen schien die Entnazifizierung beendet, noch bevor der erste alliierte Panzer durch deutsche Städte rollte. Viele Gau-, Kreis- und Ortsgruppenleiter, die bis zuletzt ›Verräter‹ standrechtlich ermorden ließen, entledigten sich ihrer Uniformen und wurden brave Bürger, die dem Nationalsozialismus angeblich schon immer fern gestanden hatten. Zahlreiche Deutsche, die während der NS-Zeit durch Denunziation und unterlassene Hilfe eine alltägliche und oftmals mörderische Macht über andere ausüben konnten, wollten nachträglich von den NS-Verbrechen nichts gewusst haben. Die Verleugnung der Diskriminierungen und Verbrechen der NS-Zeit hält die in ihr gelebten kollektiven Größenphantasien ebenso lebendig wie die psychosoziale Teilhabe an expansiver und destruktiver Gewalt: Sie wurde, wie Günther Anders treffend formuliert, ›lebendig geschwiegen‹ und wirkt in Form von Gefühlserbschaften bei den Kindern und noch den Enkeln und Enkelinnen der TäterInnen und MitläuferInnen generationenübergreifend weiter.

70 Jahre nach 1945 wird sich die dritte Tagung der überregionalen Forschungsgruppe am Sigmund-Freud-Institut zu den psychosozialen Spätfolgen der Shoah am 8. und 9. Mai 2015 mit unterschiedlichen Erlebnisweisen und Verarbeitungsmustern des Endes der NS-Herrschaft bei TäterInnen und MitläuferInnen einerseits und bei Überlebenden andererseits beschäftigen: aus literarischer, historischer, psychoanalytischer, soziologischer, sozialpsychologischer sowie erziehungs- und kulturwissenschaftlicher Perspektive. Diese dritte Tagung schließt dabei konzeptuell an die vorherigen Tagungen im Jahre 2007 und 2012 zu Antisemitismus/Erfahrungen an. Darüber hinaus wird der Fokus in internationaler Hinsicht erweitert: Neben den Erfahrungen von in Deutschland lebenden jüdischen und nicht-jüdischen Menschen werden auch die Perspektiven von Juden und Jüdinnen mit einbezogen, die während der Shoah ins Ausland emigriert sind.

Eine Veranstaltung in Kooperation mit:

  • Sigmund-Freud-Institut
  • Frankfurt University of Applied Sciences
  • Frankfurter Psychoanalytisches Institut e.V.
  • Fritz Bauer Institut

Die Veranstaltung wird gefördert durch:

  • Friedrich-Ebert-Stiftung – Forum Berlin, Projekt gegen Rechtsextremismus
  • Stiftung Erinnerung – Verantwortung – Zukunft

Weitere Informationen: 8-mai.com

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