Kritik der akademischen Marxrezeption - Manfred Dahlmann
Referent: Manfred Dahlmann
Marxismen gibt es bekanntlich viele und Marx soll ja von sich behauptet haben, dass er kein Marxist sei. Böse Zungen behaupten gar, der erste Marxist sei Engels gewesen, und dies sei er deshalb geworden, weil er den Kern der Marxschen Kapitalkritik nicht begriffen habe.
Nimmt man sich die Marxismen vor, die an den Universitäten gelehrt worden sind (und vereinzelt soll es auch heute noch Marxisten geben, die dort untergekommen sind) kommt man jedoch kaum daran vorbei, zuzugeben, dass so gut wie alle Marxisten, die einem eine adäquate Marx-Interpretation zumindest nahe bringen können, zeitweise an Universitäten gelehrt haben. Und sieht man sich die unter ‚Aktivisten’ gängige Aufforderung an, auf ‚bloß akademische Diskussionen’ doch bitte zu verzichten, könnte man geneigt sein, gegen dieses praktizistische Missverständnis den ‚akademischen Marxismus’ gar in Schutz zu nehmen. Zumal die besten unter diesen Marxisten nie mit der Erkenntnis hinter den Berg gehalten haben, dass man die von Marx eröffnete Kritik des Kapitals gar nicht lehren kann.
Kritisch gegen den Akademismus unter Marxisten im Allgemeinen vorgehen lässt sich also nur in Bezug darauf, als sie sich daran beteiligen, die Marxsche Kritik in eine didaktisch vermittelbare Theorie zu transformieren. Man wird also darüber reden müssen, was erstens die Marxsche Kritik von solch einer Theorie unterscheidet und zweitens, warum Das Kapital von Marx nicht zu begreifen ist, wenn man übersieht, dass darin auch eine Kritik an derartiger, also wissenschaftlicher Theoriebildung formuliert ist.