Andreas Benl: Sehnsucht nach Differenz
Während die Krise um die Ukraine allerorts heftige Kontroversen auslöst, erscheint die Beurteilung des iranischen Regimes mittlerweile fast im gesamten politischen Spektrum Deutschlands, Europas und sogar der USA wesentlich milder, Israels Warnungen werden dagegen abgetan. Die „Charme-Offensive“ des neuen Präsidenten Hassan Rohani ruft einmal mehr die Kräfte des Appeasements in der westlichen Politik auf den Plan. Während diese offizielle Zusammenarbeit sich zumindest teilweise mit ökonomischen und politischen Interessen erklären lässt, wirft der „Appeal“ der Islamischen Republik im Besonderen und des Islamismus im Allgemeinen bei westlichen Intellektuellen Fragen nach seiner ideologischen Attraktivität auf. Als Foucaults Apologien Khomeinis 1979 auf die mörderische Realität trafen, sah er sich noch vehementer Kritik aus der Linken ausgesetzt. Seitdem haben sich die Kräfteverhältnisse von der Kritik des Islamismus hin zur Denunziation der sogenannten Islamophobie verschoben. Wie aber erklärt sich die Bereitwilligkeit, mit der das Phantasma vom »Reformislamismus« beschworen wird – bis hin zur Forderung, Rohani den Friedensnobelpreis zu verleihen? Und warum kann die Islamische Republik ideologische Unterstützung in ganz anderem Ausmaß im Westen mobilisieren als jede säkulare Diktatur? Der Vortrag soll die historischen und ideologischen Hintergründe dieser Entwicklung beleuchten.