Y. I. 9. Oktober 2018 - 16:47
Auch für dieses Semester haben sich einige eurer Mitstudent_innen die Mühe gemacht, sich in verschiedene Fragestellungen und Themenkomplexe einzuarbeiten und diese nun wöchentlich als Autonomes Tutorium anzubieten. Für euch also die sehnlichst vermisste Gelegenheit, endlich den Anschluss an heißt diskutierte Debatten zu finden, endlich ein tieferes Verständnis von Wissenschaft und Gesellschaft zu erarbeiten, endlich die von verschulten Modulplänen ausgesparten Ansätze zu ihrem Recht zu bringen und endlich Einsichten zu gewinnen, die ihren Zweck nicht mit bestandener Klausur erfüllen.
Autonome Tutorien widmen sich also Themen, die im straffen Lehrplan der Form und dem Inhalt nach keinen Platz finden. Sie bieten die Möglichkeit, eigenen wissenschaftlichen Interessen ungezwungen nachzugehen und sie in den Mittelpunkt der Auseinandersetzung zu stellen. Das ist angesichts des stetigen Drucks im Studienalltag zwar leider häufig kaum möglich, der Erfahrung nach finden sich in den Tutorien aber dennoch viele Studierende ein, denen das Thema am Herzen liegt und die die Zeit und Muße mitbringen, sich der Sache aufmerksam zu widmen. Und gerade bei schwierigeren Themen werden Wissenshierarchien nicht gegeneinander ausgespielt, sondern alle Teilnehmer_innen mit einbezogen.
Solltet ihr an einem der geplanten Termine keine Zeit haben, meldet euch bei den Leiter_innen des Tutoriums. Manchmal ist eine Terminänderung in Absprache mit den Teilnehmer_innen möglich. Auch ein späterer Einstieg ist kein Problem. Für eventuelle Raum- und Terminänderungen schaut vorher hier nach.
Wir hoffen auf euer reges Interesse und freuen uns auf eure Teilnahme!
Solltet ihr allgemeine Fragen zum Projekt haben, schreibt uns gerne an , bei Fragen zu Tutorien, schreibt den jeweiligen Tutor_innen einfach direkt.
Ihr möchtet selbst ein Tutorium anbieten? Gegen Ende der Vorlesungszeit wird eine Bewerbungsfrist durch Aushänge und auf der Homepage des AStA bekanntgegeben. Die eingereichten Konzepte werden dann anonymisiert und von einer vom AStA gestellten Auswahlkommission diskutiert und ausgewählt. Alle weiteren Informationen dazu findet ihr auf unserer Übersichtsseite zur Ausschreibung.
Die Tutorien:
- Kapitalistische Krisen. Über die Dringlichkeit der Eigentumsfrage.
- Die Objektivität der Sozialwissenschaften
- Klimawandel? Lässt uns kalt! - Ursachen einer unzureichenden Klimapolitik
- „Erinnerungsräume“ betreten – mit Aleida Assman, Viet Thanh Nguyen und Grada Kilomba
- Das Spannungsverhältnis von Kritischer Theorie und Religion
- Geschichte der Revolutionen
- Postmoderner Jargon? – Ein ideologiekritischer Versuch
- Spieglein, Spieglein an der Wand... - Zur Konstruktion gesellschaftlicher Schönheitsnormen
- Kapitalistische Naturverhältnisse
- Das antizionistische Bedürfnis II – Psychopathologie und Zivilisation
- „Right-wing Women“ – Zur Rolle von Frauen in der Neuen Rechten
- Geschichtsphilosophie — Bürgertum und Apokalypse
Kapitalistische Krisen. Über die Dringlichkeit der Eigentumsfrage.
Der Kapitalismus hat sich spätestens seit dem Scheitern des sogenannten realexistierenden Sozialismus in der Sowjetunion mit Francis Fukuyamas These vom Ende der Geschichte als alternativlose Produktionsweise ins kollektive Bewusstsein eingebrannt. Doch fast 30 Jahre später hat die Welt nicht aufgehört sich zu drehen: die Wirtschafts- und Finanzkrise, ein fortgeschrittener Klimawandel, rhetorische wie militärische Aufrüstung, die sogenannte Flüchtlingskrise und ein beinahe weltweit stattfindender Rechtsruck, inklusive aller zugehörigen Verschwörungstheorien, kurz – existentielle Bedrohungen und Ahnungen einer dystopischen Zukunft beherrschen die Szene. Ansprüche eine bessere Gesellschaft aufzubauen scheinen, weil vermeintlich utopisch, erloschen. Noch utopischer hingegen wirkt eigentlich nur ein weiter so. Tatsächlich ist es schwer zu begreifen, dass angesichts dieser politischen Entwicklungen eine Alternative zum Kapitalismus keinen selbstverständlicheren Platz im gesellschaftlichen Diskurs einnimmt. Einen Beitrag dazu, sie wieder ins Gespräch zu bringen, soll dieses Tutorium darstellen.
Nach einer kurzen Einführung in den Emanzipationsbegriff der Aufklärung, die Marxsche Ökonomiekritik und den philosophischen Materialismus werden wir uns in Diskussionen über die oben genannten gesellschaftlichen Krisenerscheinungen anhand von vorher vorbereiteten Referaten kritisch mit ihren Verflechtungen in die kapitalistische Produktionsweise und ihrer Lösbarkeit bzw. Unlösbarkeit innerhalb und außerhalb der bürgerlichen Gesellschaft auseinandersetzen. Dieses Tutorium richtet sich ausdrücklich an die Student*innen verschiedener Fachbereiche mit verschiedenen Haltungen, damit es auch zu spannenden Diskussionen kommt. Die Einführungstexte geben eine gute Grundlage für das Thema. Mit welcher Literatur es dann weitergeht können alle Teilnehmer*innen anhand ihrer individuellen Interessen und Vorkenntnisse entscheiden. Das Tutorium richtet sich also an alle, die prinzipiell Interesse am Thema mitbringen und Lust auf hitzige Diskussionen haben.
Montags 16:15–17:45
Erstes Treffen: 29. Oktober
Kontakt: Leo (
)
Ort: „Hiwi-Loft“ S1|13/313 im 3. Stock des Pädagogik-Instituts
Die Objektivität der Sozialwissenschaften
Die Sozialwissenschaften stehen in dem schlechten Ruf des „Laberfachs“. Sie suchen „symbolische Penetrationen“ in Filmszenen und „Entpersönlichungen“ in Bikini-Plakaten. „Harte Wissenschaft“ sucht der Laie woanders.
Das ist natürlich eine polemische Verkürzung. Am Beispiel der Interpretation von Filmszenen und Bikini-Plakaten lässt sich aber ein Problem deutlich machen: Woran entscheidet sich, ob diese Interpretationen stimmen? Wie können sie überprüft werden, wenn nicht an – ja, den eigenen Vorurteilen über Bikini-Plakate und Penetrationen?
Das Problem scheint den gesamten Methodenkanon der Sozialwissenschaften zu betreffen, denn auch bei Interviews, Beobachtungen und Textanalysen gibt es immer Forschersubjekte, die menschliches Handeln interpretieren, Forschersubjekte, die Vorurteile und politische Interessen haben. Ist so etwas wie eine „objektive“ Sozialwissenschaft unter diesen Bedingungen überhaupt möglich? Und wenn nein, kann sozialwissenschaftliche Forschung dann mehr produzieren als bloße „Meinungen“?
In diesem Autonomen Tutorium wollen wir einen Einstieg in das Problem der Objektivität der Sozialwissenschaften finden. Wir beschäftigen uns mit der Frage, was Objektivität überhaupt sein soll und setzen uns dann mit Argumenten auseinander, die die Objektivität der Sozialwissenschaften in Frage stellen. Dabei wird es auch immer wieder um Argumente gehen, die nicht bloß die Sozialwissenschaften, sondern auch die Natur- und Ingenieurswissenschaften betreffen. Ziel des Tutoriums ist ein besseres Verständnis der Ansprüche und Besonderheiten der Sozialwissenschaften.
Montags 18:05 – 19:35
Erstes Treffen: 29. Oktober
Kontakt: Dennis (
)
Ort: S1|03/10
Klimawandel? Lässt uns kalt! - Ursachen einer unzureichenden Klimapolitik
Der Klimawandel wird die Lebensrealität der allermeisten Menschen auf diesem Planeten nachhaltig verändern. Experten warnen seit Jahrzehnten vor dramatischen Konsequenzen, in immer schrilleren Tönen. Doch im Alltagsleben und auch auf politischer Ebene spielt das kaum eine Rolle. Achselzuckend nehmen viele hin, dass das 2°-Ziel wohl nicht mehr erreichbar sein wird. In den letzten Jahren wurden zwar Maßnahmen getroffen, allerdings bleiben diese weit hinter dem zurück, was notwendig wäre, um die formulierten Ziele tatsächlich zu erreichen. In diesem Tutorium wollen wir die Ursachen für diese Passivität auf vielschichtige Weise suchen, reflektieren und kritisieren.
Was zu tun wäre, nämlich eine drastische Reduktion der Treibhausgasemissionen, ist eigentlich bekannt. Trotzdem gehen Ölfirmen immer noch davon aus, dass sie alle ihre Reserven verkaufen werden können, trotzdem fliegen Klimawissenschaftler und Politiker zu allerlei Konferenzen und Gipfeln. In Anlehnung an Aurelio Peccei, Mitbegründer des Club of Rome, wollen wir neben den äußerlichen, planetaren Grenzen vor allem die inneren, die menschlichen Grenzen ausloten.
Dabei bewegt sich das Tutorium neben der individuellen vor allem auf der gesellschaftlichen Ebene und soll auch maßgeblich zur Diskussion verschiedener Lösungsansätze Raum bieten. Teilnehmende aller Fachrichtung sind ausdrücklich erwünscht.
Montags 18:05 – 19:35
Erstes Treffen: 29. Oktober
Kontakt: Alexander (
)
Ort: S1|03/102
„Erinnerungsräume“ betreten – mit Aleida Assman, Viet Thanh Nguyen und Grada Kilomba
Was hat Erinnerung mit Politik zu tun? – Relativ wenig, könnte eine spontane Antwort auf diese Frage lauten, wenn man beim Begriff der Erinnerungen vor allem an seine eigenen persönlichen Erinnerungen denkt. Denn Erinnerungen sind in diesem Sinne etwas Privates und nichts Öffentliches.
Anders würde man hingegen antworten, wenn man hierbei an den Erinnerungsdiskurs denkt, der in den letzten Monaten in den Medien geführt wurde. Zu erwähnen wären etwa Alexander Gaulands „Vogelschiss“-Bemerkung oder Björn Höckes Rede von dem Holocaust-Mahnmal als ein „Denkmal der Schande“ (oder seine Aussage „an Hitler sei nicht alles schlecht gewesen“,). Die Diskussionen, die durch solche Aussagen entfacht werden, gehören dem öffentlichen Diskurs an, da sie im öffentlichen Raum vorgetragen werden und nicht im Privaten. Politisch sind Äußerungen dieser Art mindestens in zweierlei Hinsicht: Erstens, weil darin auf die Frage geantwortet wird, wie wir uns zur Vergangenheit verhalten sollen (darin kommt eine Verhaltensaufforderung zum Ausdruck), und zweitens, weil solche Statements einen identitätsstiftenden Sinn haben, insofern sie polarisierend sind (wer gehört zu den Rechten, wer zu den Liberalen etc.).
Im Tutorium soll es darum gehen, das Bewusstsein für den politischen Sinn von Erinnerungen zu schärfen und ihre verschiedenen Manifestationen (Mahnmahle, Gedenkstätten, Literatur, Film, Museen etc.) in ihrer jeweiligen kulturellen Funktion zu erforschen. Dabei ist die methodische Idee leitend, dass man dieser Zielsetzung am Besten gerecht wird, wenn man sich hierbei mit Texten von AutorInnen befasst, die unterschiedlichen Erinnerungskulturen angehören und genau dies ist bei den drei AutorInnen Aleida Assmann („deutscher Erinnerungsdiskurs“), Viet Thanh Nguyen (vietnamesisch/amerikanischer Erinnerungsdiskurs) und Grada Kilomba („schwarzer Erinnerungsdiskurs) der Fall, deren Texte wir gemeinsam lesen wollen.
Dienstags 16:15 – 17:45
Erstes Treffen: 30. Oktober
Kontakt: Anh (
)
Ort: S1|03/11
Das Spannungsverhältnis von Kritischer Theorie und Religion
Lange Zeit gingen Philosophinnen und Sozialwissenschaftlerinnen der Nachkriegsepoche davon aus, dass die Säkularisierung, die das moderne Gesellschaftsbild in Folge der europäischen Aufklärung bildet, ein Modell für den ganzen Globus ist. Man glaubte, dass die Bedeutung der Religionen weltweit zurückgehen würde und sich über kurz oder lang in allen Weltregionen Staaten mit mehrheitlich konfessionslosen oder atheistischen Bevölkerungen durchsetzen würden.
Diese Einschätzung stellt sich gegenwärtig als eine „optimistische“ Fehlannahme, und die europäische und nordamerikanische Entwicklung der Nachkriegszeit als nicht repräsentativ für den Rest der Welt heraus. Im Gegenteil; die Religion bleibt im Geschäft und im globalen Maßstab zeichnet sich ein Erstarken von Religiosität ab. Zur Religion gehört in der Gegenwart auch ihre Schattenseite in Gestalt von Zwangsvergesellschaftung ethnisch-religiöser Gruppen, Entmündigung von Frauen, oder die Marginalisierung sexueller Minderheiten. Im Tutorium möchten wir gemeinsam der Frage nachgehen, was dies für eine kritische Theorie der Gesellschaft, welche sich der Rettung des Individuums verschrieben hat, bedeutet. Wie können diese Zustände vernünftig kritisiert werden? Welche Argumente geben hierzu die Texte von Theodor W. Adorno, Walter Benjamin und anderen Vertretern der Frankfurter Schule, welche selbst, teils positiv, auf religiöse Metaphern Bezug nahmen? Das Tutorium soll eine niedrigschwellige Gelegenheit zur Beantwortung dieser Fragen bieten und gleichzeitig verständlich über einige Grundlagen Kritischer Theorie in der jüdischen Religionsphilosophie informieren.
Dienstags 16:15 – 17:45
Erstes Treffen: 30. Oktober
Kontakt: Johannes (
)
Ort: S1|03/125
Geschichte der Revolutionen
„Die Menschen machen ihre eigene Geschichte, aber sie machen sie nicht aus freien Stücken unter selbstgewählten, sondern unter unmittelbar vorhandenen, gegebenen und überlieferten Umständen.“
– Karl Marx, Der achtzehnte Brumaire der Louis Bonaparte
Kann man aus der Geschichte lernen? Diese Frage soll das Tutorium anleiten. Im Tutorium wollen wir einen Blick zurück werfen und uns den Verlauf von vier Revolutionen gemeinsam anschauen: die französische Revolution von 1789, die Revolutionen im Jahr 1848, die russische Revolution von 1917 und die revolutionären Versuche in der Zeit des spanischen Bürgerkriegs in den 1930ern. Die Geschichte der Revolutionen zeigt leider, dass aus den Wirren einer Revolution nicht selten eine despotische Herrschaft entsteht. Wir wollen im Tutorium besprechen, wie es in der französischen Revolution zur Terrorherrschaft der Jakobiner und in der russischen Revolution zur Regime der Bolschewisten kam. Wir wollen auch gemeinsam Ausschnitte aus dem Buch „Der achtzehnte Brumaire der Louis Bonaparte“ von Karl Marx lesen. In diesem Buch untersucht Marx wie aus der Revolution 1848 in Frankreich die Machtkonstellationen sich so veränderten, dass drei Jahre später Louis Bonaparte, der Neffe Napoleons, durch einen Staatsstreich despotische Vollmachten erlangte. Marx warnt in dieser Schrift ausdrücklich davor, dass Revolutionen in despotischer Herrschaft umschlagen können.
Mit der Auseinandersetzung mit den historischen Verhältnissen und den theoretischen Texten wollen wir im Tutorium in angenehmer Runde diskutieren, welche Bedingungen es für eine erfolgreiche und humane Revolution bedarf und wie Gewaltherrschaft und Despotie verhindert werden können oder ob solche Gefahren Revolutionen inhärent sind.
Dienstags 18:05 – 19:35
Erstes Treffen: 30. Oktober
Kontakt: Martin (
)
Ort: S1|03/10
Postmoderner Jargon? – Ein ideologiekritischer Versuch
„Wohlgesinntheit ist eins mit Vorentschiedenheit; das Affirmative, Heilsame verdoppelt den Bann des Unheils.“ – Adorno
Die akademische Welt dreht sich immerzu – zumindest angesichts der schwindelerregenden Anzahl paradigmatischer turns je aktueller Theoriemoden, die neue Sichtweisen auf altbekannte Probleme versprechen. Mit dieser Entwicklung korrespondiert ein neu aufflammendes Bedürfnis linker, akademisch gestützter, zumeist aktivistischer Gesellschaftskritik, das sich wesentlich an den Produkten dieser neuen Theoriemoden orientiert und in politische Handlungsanweisungen zu übersetzen sucht. Das allmähliche Durchsickern von Form und Inhalten dieser Akademie-Aktivismus-Melange von der linken Szene in bürgerliches Feuilleton, Alltagssprache und politische Programme, rechtfertigt die ideologiekritischen Fragen nach dem theoretischen und historischen Fundament dieser turns, sowie nach dem gesinnungsideologischen Gehalt ihrer Annahmen und Forderungen.
Um ebendiese Fragen substantiell beantworten zu können, möchten wir mit euch exemplarische Texte der üblichen Referenzfiguren (Derrida, Deleuze, E. Said) des Poststrukturalismus im Original lesen, sie gemeinsam bis zu ihren Einflüssen (Heidegger, C. Schmitt, Nietzsche) verfolgen sowie die Frage klären, inwiefern der durch Adorno bereits diagnostizierte, reaktionäre Jargon der Eigentlichkeit bis in aktuelle postrukturalistische Versuche der Gesellschaftskritik und Aktivismuspraxis hineinragt.
Willkommen sind alle, die das übergeordnete Thema reizt und Lust auf intensive Textarbeit und Diskussionen haben. Vorkenntnisse werden nicht benötigt, da wir im Tutorum alle Texte gemeinsam bearbeiten werden, Textvorschläge und Anregungen nehmen wir sehr gerne entgegen. Wir freuen uns auf euer Interesse!
Dienstags 18:05 – 19:35
Erstes Treffen: 30. Oktober
Kontakt: Jonas & Michael (
)
Ort: S1|03/12
Spieglein, Spieglein an der Wand... - Zur Konstruktion gesellschaftlicher Schönheitsnormen
In Zeiten in denen Shows wie ‚Germanys next Topmodel‘ zur Prime-Time höchste Einschaltquoten verzeichnen können und Essstörungen vor allem bei jungen Menschen zu einem ‚modischen Accessoires‘ geworden sind, und dadurch in vielen Fällen nicht mehr als solche erkannt werden, scheint das körperliche Erscheinungsbild eine zentrale Rolle für das persönliche Selbstwertgefühl aber auch für das individuelle Wohlbefinden zu spielen. Vor allem für ‚Frauen‘ aber auch immer mehr für ‚Männer‘ bewegen sich die körperlichen Ideale zwischen den Polen schlank, jung und athletisch. Doch wer oder was definiert eigentlich wie wir auszusehen haben und welchen körperlichen Idealen wir entsprechen sollen? Dieser Frage versucht das Tutorium umfassend zu beantworten. Grundlegend hierfür ist die Annahme, dass ‚Schönheit‘ und das was wir als schön empfinden nicht auf einer natürlichen Grundlage aufbaut, sondern in hohem Maße von gesellschaftlichen Einflussfaktoren bestimmt ist und sowohl von den Individuen selbst als auch von Außenstehenden beurteilt wird. Daran an schließen beispielhafte Fragen danach, warum genau wir nach den jeweiligen Schönheitsidealen streben und welche Rolle dabei vermeintliche Protestbewegungen wie die ‚Body-Positivity-Bewegung‘ oder der Hashtag #notheidisgirl einnehmen und ob diese tatsächlich etwas an den aktuellen körperlichen Normen ändern und zu einem veränderten Verhältnis von Körper und Wohlbefinden beitragen können.
Mittwochs 16:15 – 17:45
Erstes Treffen: 31. Oktober
Kontakt: Ricarda (
)
Ort: S1|03/121
Kapitalistische Naturverhältnisse
Der Klimawandel ist insbesondere in diesem „Jahrhundertsommer“ in aller Munde. Doch was sind eigentlich die Ursachen für diesen Klimawandel? Können wir der Naturzerstörung entgegenwirken, wenn wir mehr Fahrrad fahren? Oder braucht es auch grundlegende strukturelle Veränderungen? In diesem Tutorium wollen wir uns damit auseinandersetzen, inwiefern die Naturzerstörung mit der derzeitigen ökonomischen Struktur zusammenhängt, da dieser Aspekt in heutigen Analysen häufig zu kurz kommt. In Anlehnung an Stephan Lessenich soll analysiert werden, ob es sich bei dem „grünen Kapitalismus“ um ein Lösungsmodell oder doch nur um „kollektiven Selbstbetrug“ handelt. Dazu werden „Kapitalistische Naturverhältnisse“ nach Karathanassis analysiert und im Zusammenhang mit aktuellen Naturproblemen diskutiert. Um den marxschen Naturbegriff nachvollziehen zu können, bietet es sich an einige seiner philosophischen Schriften heranzuziehen. Am Ende des Tutoriums soll der Versuch stehen, die Frage nach einer emanzipatorischen Praxis, sowohl aus philosophisch-ökonomischer, als auch aus naturwissenschaftlicher Perspektive zu beantworten.
Donnerstags 16:15 – 17:45
Erstes Treffen: 1. November
Kontakt: Angi (
)
Korrigiert: Ort: S1|03/125
Das antizionistische Bedürfnis II – Psychopathologie und Zivilisation
Dass Antisemitismus – als der Hass auf Juden als Juden – ein Vorurteil sei, vergleichbar mit anderen alltäglichen Vorurteilen, diese Auffassung hält sich im öffentlichen Bewusstsein, in der routinierten Sprache von Sonntagsrednern und politischen Aktivisten sowie bei sonstigen Bescheidwissern aller couleur. Dieser Auffassung zufolge wäre der Judenhass einzelner rational aufklärbar – eben durch Gegenüberstellung von Vorurteil und Wirklichkeit – sei es einmal mit mehr, ein andermal mit weniger argumentatorischem Überzeugungsaufwand und gutem Willen. Wer jedoch regelmäßig versucht, Personen darauf aufmerksam zu machen, dass ihre Aussagen antisemitisch sind, wird sich des Öfteren in Situationen versetzt fühlen, "die immer dem Versuch ähneln, einem Tier das Sprechen beizubringen" (Kolakowski). Ein verdecktes Bedürfnis, tiefer liegend als bewusste Überzeugungen und Präferenzen, wehrt jedes Angesprochenwerden ab: ein antisemitisches bzw. antizionistisches Bedürfnis.
Genau diesem Bedürfnis wollen wir im zweiten Teil unseres Lesekreises nachforschen, indem wir Antisemitismus nun nicht mehr allein gemäß ökonomischen und politischen Kategorien zu verstehen versuchen, sondern darüber hinaus auch gemäß psychodynamischen. Dafür mächten wir uns, mithilfe Adornos und Horkheimers Elemente des Antisemitismus, die Beziehung von Zivilisationsprozess und Unbehagen der Einzelnen in der Zivilisation klar machen, die Einzelpersonen zu antisemitischen Persönlichkeiten werden lassen. Zum besseren Verständnis dieses Verhältnisses und seiner Auswirkungen bieten sich zudem die Lektüre der kulturkritischen Schriften Freuds sowie die Untersuchungen zum Antisemitismus von E. Simmel und Pohl an. Gerne nehmen wir auch eure Literaturvorschläge entgegen und kännen auf von euch gewünschte Schwerpunkte zusammen eingehen.
Der Lesekreis richtet sich an alle Studierende aller Fachrichtungen, die Interesse an einer kritischen Auseinandersetzung mit Antisemitismus und Antizionismus haben. Die gemeinsam zu lesenden Haupt- und Sekundärtexte sollen in den Treffen zusammen mit allen Teilnehmer*innen ausgewählt und dann diskutiert werden. Ebenso lassen sich Terminwünsche einbringen, solltet ihr an dem angegebenen Termin verhindert sein. Für weitere Informationen könnt ihr euch gerne über die angegebene E-Mail-Adresse bei uns melden. Wir freuen uns über alle Interessierte und auf intensive Diskussionen!
Donnerstags 18:05 – 19:35
Erstes Treffen: 1. November
Kontakt: Michael (
)
Ort: S1|03/10
„Right-wing Women“ – Zur Rolle von Frauen in der Neuen Rechten
Infolge des generellen Imagewandels, dem die Neue Rechte sich in den letzten Jahrzehnten unterzogen hat, um der Assoziation mit explizit neonazistischen und offen antisemitisch auftretenden politischen Gruppen und Bewegungen zu entkommen, ist nicht zuletzt auch ein veränderter Umgang mit und eine neue Sichtbarkeit von Frauen in der neurechten Bewegung zu beobachten. Anstatt als bloß passive Mitläuferinnen aufzutreten, nutzen sie Plattformen wie YouTube, Twitter, Facebook und diverse Blogs dazu, aktiv antifeministische und völkisch-nationalistische Positionen zu verbreiten und damit den offen angestrebten reaktionären Umschwung des öffentlichen Diskurses zu beschleunigen. Gemeinsam mit euch wollen wir versuchen, die Erscheinungsformen, Geschichte und Ursachen dieses radikal rechten, weiblichen Aktivismus anhand diverser Videos, Blogposts, Artikel u.Ä. zu analysieren. Dabei sind Studierende aller Fachrichtungen und Wissensstände willkommen; es ist nicht erforderlich, bereits Literatur zum Thema gelesen zu haben. Wir freuen uns auf euer Interesse und eure Teilnahme!
Donnerstags 18:05 – 19:35
Erstes Treffen: 1. November
Kontakt: Sophia (
)
Ort: S1|03/312
Geschichtsphilosophie — Bürgertum und Apokalypse
Das Einrichten im status quo und das Fortdauern des Leids — trotz des sogenannten bürgerlichen Glücksversprechens — zeitigten unterschiedliche geschichtsphilosophische Reaktionen in unterschiedlichen politischen Lagern. Unter anderem entstanden irrationale Welterklärungen wie die geschichtsmorphologische Oswald Spenglers und die apokalyptisch-fatalistische der Nationalsozialisten. Jedoch sind diese nicht in einem Vakuum entstanden und hatten bestimmte gesellschaftliche Voraussetzungen. Selbst die Reaktionen auf diese mussten einer Kritik unterliegen, wie sie am treffendsten Walter Benjamin in seinem Essay Über den Begriff der Geschichte formulierte. In diesen Geschichtsthesen zeigte Benjamin auf, wie der fortschrittsgläubige Optimismus der Sozialdemokratie auf engste mit dem deterministischen Fatalismus des NS zusammenhing. Zugleich gibt Benjamin jedoch nicht die Möglichkeit des Fortschritts auf, sondern unterzieht ihn einer rettenden Kritik.
Wie gegenwärtig auf Geschichte, Gegenwart und Zukunft geblickt wird, welche apokalyptisch-fatalistischen Ideologien heutzutage noch mächtig sind (auch kulturindustriell), wie und ob z.B. Benjamins Ausnahmezustand von Apokalypsevorstellungen zu unterscheiden sei und was counterculture und die kalifornische Ideologie über aktuelle Geschichtsbilder aussagen, soll Gegenstand dieses Tutoriums sein.
Freitags 14:25 – 15:55
Erstes Treffen: 1. November
Kontakt: Tonguç (
)
Ort: S1|03/109