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Autonome Tutorien: Politisches Theater - Norm und Abweichung - Kritik des Postnazismus und Postfaschismus

Folgende drei Autonome Tutorien suchen noch weitere Teilnehmerinnen. Texte zur nächsten Sitzung können per E-Mail angefragt werden. Oder schaut einfach mal vorbei. Der Einstieg in andere Tutorien ist ebenfalls noch möglich. Eine Auflistung und weitere Informationen bekommt Ihr auf unserer Website.

 

Das Einfache, das schwer zu machen ist. Brechts Entwurf eines philosophischen Theaters

„Unser Theater muss die Lust am Erkennen erregen, den Spaß an der Veränderung der Wirklichkeit organisieren. Unsere Zuschauer müssen nicht nur hören, wie man den gefesselten Prometheus befreit, sondern sich auch in der Lust schulen ihn zu befreien.“ (Bertolt Brecht)

Diesen Anspruch ernst nehmend wollen wir uns im kommenden Semester mit einigen von Brechts umstrittensten Stücken wie Die Maßnahme auseinandersetzen. Es geht dabei um nicht weniger als die Frage, wie ein richtiges, ein gutes Leben möglich sein soll, solange die Menschen dazu gezwungen sind, „[i]n der gesellschaftlichen Produktion ihres Lebens […] bestimmte, notwendige, von ihrem Willen unabhängige Verhältnisse ein[zugehen].“ (Marx) Nur dass die Form der Auseinandersetzung mit dieser Frage keine begrifflich analytische, sondern eine dramatische ist. Anstatt also darzulegen, wodurch bspw. Handlungen beschränkt bzw. ermöglicht werden, wird gezeigt, in welche Paradoxien Individuen geraten, wenn sie zu handeln beginnen.

Im Tutorium soll es sowohl um die in den Dramen dargestellten Konflikte und Widersprüche, als auch um das Drama als spezifische Form der Darstellung gesellschaftlicher Widersprüche und Konflikte gehen. Ziel ist es die philosophischen und politischen Implikationen und Konsequenzen dieser Stücke herauszuarbeiten und sie als philosophischen Beitrag zur Veränderung der Verhältnisse ernst zu nehmen.

Das Tutorium richtet sich an alle an Theater, Literatur und Philosophie Interessierten. Vorkenntnisse sind nicht erforderlich. Die Auswahl der Texte sowie das Vorgehen im Semester soll in der ersten Sitzung gemeinsam besprochen und festgelegt werden. Hier könnt ihr euch gerne einbringen!

Dienstags 18:05 – 19:35 Uhr
Kontakt: Michael & Jörg ( brecht_at@posteo.de )
Ort: S1|03/164

 

Norm und Abweichung – Provokationen des Ethischen

Ausgehend von der behaupteten Differenz zwischen Norm(alität) und Behinderung – als Abweichung von dieser Norm(alität) – wird eine soziale Wirklichkeit konstruiert, in der Behinderung häufig als Defekt oder Last in den Blick genommen wird. Im Rahmen bioethischer Überlegungen taucht sie v.a. als vermeidbares und dadurch häufig als zu vermeidendes Übel auf. Diese medizinisch-defektologische Sicht analysiert Mechthild Hetzel in ihrer Dissertation Provokationen des Ethischen ausgehend von der Sozialen Lage in Deutschland und anhand der vorherrschenden Diskurse über Behinderung (etwa im Zusammenhang mit PID und Stammzellenforschung). Den dort vorherrschenden diskursethischen und präferenz-utilitaristischen Ansätzen stellt sie eine differenz- und marginalisierungskritische Alternative gegenüber, die sich von der Dichotomie von Norm und Abweichung, Regel und Ausnahme freizumachen bemüht.

Wie werden Menschen mit Behinderung durch die übliche Rede über sie ausgegrenzt? Inwiefern manifestiert sich darin ein Herrschaftsverhältnis? Diesen und anderen Fragen, die euch und uns in diesem Zusammenhang interessieren, wollen wir im Tutorium gemeinsam nachgehen und die in Hetzels Studie vorliegenden Beobachtungen und Überlegungen diskutieren. Dazu möchten wir zu Beginn des Tutoriums mit euch gemeinsam Schwerpunkte setzen.

Dabei können wir ausgehen von Hetzels eigenem Anliegen: Der Klärung des Status von Behinderung sowie der Suche nach einem Verständnis des Ethischen, das mehr wäre als ein bloß anzuwendender Regelkatalog. Damit richtet sie sich gegen die „gegenwärtige Tendenz einer Algorithmisierung moralischer Entscheidungsfindung“. Welchen Ethikbegriff versucht Hetzel demgegenüber zu entwickeln? Welche Rolle spielen wissenproduzierende Akteure, also das Verhältnis von Wissen und Macht? Welche der Begriff der Person – verstanden als Eigenschaft, die man inne hat, oder als Status, den man zugeschrieben bekommt und entsprechend auch aberkannt bekommen kann. „Person ist damit jenes soziale Verhältnis, das den Menschen erst zum Menschen macht, und dessen Aberkennung für ihn tödlich ist.“ (Jantzen)

Schwerpunkte und Textauswahl werden in der ersten Sitzung gemeinsam besprochen und festgelegt. Gerne könnt ihr Textvorschläge o.ä. einbringen. Auch der regelmäßige Termin kann in der ersten Sitzung diskutiert werden, so dass möglichst alle Interessierten teilnehmen können.

Korrigiert: Donnerstags 16:15 – 17:45 Uhr
Kontakt: Maike & Anja ( norm_abweichung@arcor.de )
Ort: S1|03/107

 

Kritik des Postnazismus und Postfaschismus

Mit den Begriffen Postfaschismus und Postnazismus wird das strukturelle, institutionelle sowie ideologische Nachleben des faschistischen und nationalsozialistischen Erbes in den europäischen Gegenwartsgesellschaften zum Gegenstand der Kritik erhoben. Dass die erstmals von Adorno im Jahr 1959 geäußerte These, das Fortwirken des Nationalsozialismus sei in der Demokratie gefährlicher als gegen die Demokratie, in Deutschland weitestgehend Ablehnung und Empörung ausgelöst hat, ist aufgrund ihrer Tendenz zur geschichtspolitischen Nestbeschmutzung nicht sonderlich verwunderlich. Schon eher fragwürdig ist, wieso diese These auch im Feld kritischer Sozialwissenschaft nur selten diskutiert wird. Was dann nämlich auf der Strecke bleibt, ist die kritische Analyse einer ganzen Reihe an gesellschaftlich-ideologischen Entwicklungen, die auf die Aktualität des nationalsozialistischen oder faschistischen Erbes hinweisen. Zu nennen wäre hier das ganze Repertoire an ideologischen Verdrängungsmechanismen, mit denen sich die deutsche Mehrheitsgesellschaft der kollektiven Verantwortung für die nationalsozialistischen Verbrechen entledigt hat, um endlich wieder einen „positiven“ Bezug zur deutschen Nation herstellen zu können.

Im Rahmen dieses Tutoriums soll der Versuch unternommen werden, sich dem auch gegenwärtig noch wenig ausformulierten Programm einer Kritik des Postfaschismus und Postnazismus zu widmen. Es soll dabei um die Frage gehen, was genau unter diesem Kritikansatz zu verstehen ist und inwiefern dieser auch im 21. Jahrhundert noch aktuell ist. Im Rahmen wöchentlicher Treffen wollen wir verschiedene Ansätze einer politischen Ökonomie, Sozialpsychologie und Ideologiekritik des Postfaschismus/-nazismus gemeinsam diskutieren. Darüber hinaus wollen wir dieses anhand konkreter Gegenstandsbereiche und Fallbeispiele genauer unter die Lupe nehmen. Möglich wäre beispielsweise eine detaillierte Beschäftigung mit den Veränderungen vorherrschender Erinnerungspolitik im postnazistischen Deutschland, postfaschistischen Italien oder postfranquistischen Spanien.

Mittwochs 16:15 – 17:45 Uhr
Kontakt: Helge ( petersen.helge@web.de )
Ort: S1|03/107

 

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